TOBIAS MORETTI

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Interview Caroline Peters, die neue Buhlschaft

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Proben unter Corona-Bedingungen, keinerlei Fan-Kontakt sowie die Inkompatibilität von High Society und der Kunst - Buhlschaft Caroline Peters über ihre Festspiel-Gedanken.

„Krone“: Die Buhlschaften blieben nie sehr lange in Salzburg. Zuletzt waren die Halbwertszeiten überhaupt recht kurz. Wie lange hat Caroline Peters vor zu bleiben?
Caroline Peters: Das weiß ich gar nicht. Ursprünglich war es geplant für ein Jahr, weil ja dann alles wechseln sollte und das war von vornherein klar, dass das nach einem Jahr alles wechselt, alle Positionen, die Regie und selbst die Präsidentin. Doch jetzt ist durch Corona noch einmal alles in eine neue Waagschale geraten. Im Moment bin ich so darauf fixiert, dass es überhaupt stattfindet, dass ich überhaupt nicht darüber nachdenken kann, was weiter passiert - zum ersten Mal in meinem Leben.

Das Rollenangebot per se löste welche Reaktion aus?
Ich war wahnsinnig überrascht. Ich war auf dem Weg zum Einkaufen, es war eine denkbar alltägliche, sehr langweilige Situation. Eine Situation, wie man sie jeden Tag erlebt und immer vergisst. Es war vor dem Supermarkt am Telefon und dann so: „Aha? Wirklich? Echt? Aja? Was? Na ja, da muss ich mal drüber nachdenken.“ Und dann hatte ich noch den ganzen Einkauf vom Billa und hab‘ mir gedacht, das kann doch nicht wahr sein, ah, das ist jetzt passiert, wirklich, also, was ist das denn jetzt? (lacht)

Hand aufs Herz? Ist die Rolle der Buhlschaft jetzt nur ein 40-Zeiler-Text oder schwierig zu mimen?
Es gibt grundsätzlich nicht so viele einfache Rollen, und je weniger man zu sagen hat, umso schwieriger wird es, weil man auf den Punkt genau treffen muss. Man kann nicht fünf Schüsse daneben schießen und dann hat man noch 20 weitere. Denn dann haben die Zuschauer die ersten fünf schon wieder vergessen. Man hat halt fünf Schüsse und die sitzen oder sie sitzen nicht. Das erhöht für mich bei kleineren Rollen enorm den Druck.

„Jahrhundert-Buhlschaft“ zu sein, löst bei Ihnen welche Emotionen aus?
Ich beziehe es nur auf das Jubiläum. Alles Weitere ist mir zu viel im Voraus.Gibt’s Premierenrituale?
Ja, beim Theater gibt es viele Rituale. Meistens bilden die sich für jede Vorstellung neu heraus. Also eigentlich gibt es für jede Vorstellung einen eigenen Ablauf, der auch dann sehr nervös macht, wenn er irgendwie geschädigt wird.

Salzburg ist ein Ort der Künstler, aber auch der Reichen und Schönen, die das Premieren-Blitzlicht suchen. Ein homogenes, logisches Paket - oder treffen hier vielleicht doch zwei unterschiedliche Welten aufeinander?
Kunst und High Society, traditionell haben wir immer gut zueinander gepasst, weil früher nur die High Society die Kunst bezahlt hat - es gab ja früher keine Staatskunst. Deswegen gibt’s da, würde ich sagen, jahrhundertelange Wurzeln. Aber jetzt ist es oft nicht immer gut füreinander. Und es ist auch nicht immer gut, das Aushängeschild von Geld und Geldadel zu sein. Ich bin schon dankbar, dass es da subventionierte Theater gibt, das ist ja jetzt hier so eine Mischform von allem Möglichen. Aber eigentlich bin ich sehr glücklich, dass es die Subventions-Kunst gibt, weil die natürlich viel Freiheit bringt.

Sie proben seit einer Woche - unter Corona-Bedingungen. Wie läuft’s?
Es war sehr gewöhnungsbedürftig. Vor allem auch deprimierend, weil man sich so komisch begegnet. Bei der ersten Begegnung sind alle auf Distanz, und das gehört bei unserer Arbeit überhaupt nicht dazu. Man gewöhnt sich dann dran, aber im ersten Moment war es nicht schön.

Die Arbeit mit Tobias Moretti lief bis dato wie?
Es ist ein aneinander aufbauen. Das man wirklich Spaß hat, sich zu treffen. Das ist ein Geben und Nehmen - eine sehr schöne Begegnung bisher.

Oftmals wollen Fans nach Vorstellungen in Salzburg Autogramme. Wie werden Sie damit umgehen?
Da müssen wir uns jetzt leider zurückhalten. Es lässt sich nicht anders regeln. Wir werden alle mit Mundschutz und Handschuhen rauslaufen und warten, bis möglichst viele Leute weg sind. Das ist anders nicht machbar. Es schmerzt, der ganze Spaß ist weg ...

Während der Festspielzeit pendeln Sie zwischen Wien und Salzburg?
Nein, wir bleiben die ganze Zeit über hier. Mein Mann und ich haben eine kleine Galerie für Kunstpostkarten, für Straßenfotografien und Postkarten, und die haben wir mitgebracht. Wir machen ein Pop-up-Store am 5. August in der Kaigasse 18 auf. Und deswegen bleiben wir die ganze Zeit hier. Wir haben ab der Hälfte der Zeit ein kleines Häuschen von Freunden am Mondsee dazu und können dann immer wechseln zwischen Stadt und an den freien Tagen dann Land, um Wander- und Schwimmtage zu haben - natürliche Regenerationstage ...


Adabei Norman Schenz, Kronen Zeitung

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Die Sehnsucht der Buhlschaft „Jedermann". Auf dem Domplatz will Caroline Peters eine Ungezwungenheit verkörpern, die im realen Leben derzeit abgeht.

JULIANE FISCHER 
Als Jahrhundertbuhlschaft" wurde Caroline Peters der Öf-fentlichkeit vorgestellt. „Das hat aber weniger mit mir zu tun als mit dem Timing", sagt die deutsche Schauspielerin, die im heurigen Jubiläumsjahr an Debüt auf dem Domplatz gibt—Es ist einfach der ‚Jahrhundert-Jedermann'? Welches Verhältnis sie zu Masken hat und warum sie als Buhlschaft auch im Coronajahr die Sehnsucht nach der großen Party transportieren will, erzählt Peters im Gespräch. 

Caroline Peters im SN-Gespräch: "Ich möchte, dass die Buhlschaft eine Partymacherin ist"

Im "Jedermann" auf dem Domplatz will Caroline Peters eine Ungezwungenheit verkörpern, die im realen Leben derzeit abgeht.

Als "Jahrhundertbuhlschaft" wurde Caroline Peters der Öffentlichkeit vorgestellt. "Das hat aber weniger mit mir zu tun als mit dem Timing", sagt die deutsche Schauspielerin, die im heurigen Jubiläumsjahr ihr Debüt auf dem Domplatz gibt. "Es ist einfach der ,Jahrhundert-Jedermann'." Welches Verhältnis sie zu Masken hat und warum sie als Buhlschaft auch im Coronajahr die Sehnsucht nach der großen Party transportieren will, erzählt Peters im Gespräch.

SN :Das heurige Sujet der Festspiele ist eine Maske. Im Theater verwendet man den Begriff häufig - man spricht von der "Probe in Kostüm und Maske". Man sagt, man sei "in der Maske". Denken Sie in Zeiten des Mund-Nasen-Schutzes bei "Maske" an etwas anderes als früher?

Caroline Peters: "Maske" meint natürlich im Theater etwas völlig anderes. Nicht eine Maske, die das Gesicht verdeckt, sondern ein Make-up. Das Gefühl für den Begriff hat sich für mich nicht verändert. Mir fällt es viel leichter, Maske zu sagen als Mund-Nasen-Schutz. Da muss ich jedes Mal drüber nachdenken, was damit eigentlich gemeint ist. Während ich bei "Maske" nun völlig dran gewöhnt bin, dass es um Corona geht und dass es sinnvoll ist, den Schutz zu tragen. Ich sehe das nicht so symbolisch mit dem Theater verbunden.

SN : Aber wenn wir an klassische Theatermasken denken?
Im Maskenspiel verdeckt man ja die obere Partie des Gesichts, um es unerkennbar zu machen. Der Mund-Nasen-Schutz ist über der unteren Partie. Deswegen hat das für mich nichts Theatrales. Ich finde, das drückt einfach aus "Ich schütze mich davor, dass ich andere oder andere mich anstecken".

SN : Im antiken Theater trugen die Schauspieler typisierte Masken, um die Charaktere ihrer Rollen zum Ausdruck zu bringen.

Das ist eine ganz andere Art von Schauspiel, eine eigene Kunstform, wie Pantomime. Man hätte sie natürlich jetzt reanimieren können. Das Maskenspiel wird durch den Ausdruck der Maske, aber auch durch den körperlichen Ausdruck geschaffen.

SN: Die Figuren um den Jedermann sind ja auch jeweils personifizierte Gefühle. Welche Eigenschaften soll die von Ihnen verkörperte Buhlschaft vermitteln?

Ich möchte gern, dass die Buhlschaft Lebensfreude, Hedonismus ausdrückt und so eine Partymacherin ist.

SN: In Zeiten eingeschränkter Partys?

Genau, die Buhlschaft kann die Sehnsucht nach solchen Tischgesellschaften, Festen, Schwung und Feiern, als gäbe es kein Morgen, zeigen. Im Moment findet das ja alles mit angezogener Handbremse statt. Man muss die ganze Zeit aufpassen. Das geht zwar auch, aber man hat Sehnsucht nach dem Ungezwungenen.

SN : Gibt es etwas, das Sie bei der Textarbeit besonders überraschte?

Mich hat überrascht, dass sie so selbstständig ist. Das machte mir bewusst, dass ich selbst dem Klischee aufsaß: Die ist ja nur so ein Objekt und es geht ja nur darum, dass sie Erotik auf der Bühne versprüht und der Jedermann scharf auf sie ist, und fertig. Im Text finde ich das überhaupt nicht. Da ist sie jemand, der eine Riesenparty organisiert hat, sich ärgert, dass ihr Buhle sich nicht entsprechend benimmt, die ihn mehrfach auffordert, sich zusammenzureißen, und die am Ende sagt: Wie, du willst dich nur mit dem Tod beschäftigen? - Ich hab doch schon gesagt, der Tod ist etwas, mit dem man sich gar nicht beschäftigt! Jetzt endlich heiraten und ein stinknormales Leben führen, damit sein Seelenheil besser wird - daran denkt die Buhlschaft nicht; im Gegenteil. Sie will einfach 'ne Party feiern! Und der Jedermann sollte alles bezahlen. Das hab ich da rausgelesen. Darüber war ich überrascht.

SN :Die Rolle wird trotzdem oft auf das Objekt der Begierde reduziert. Können Sie das verstehen?

Nein, das kann ich nicht verstehen und ich finde, dass es gar nicht so geschrieben ist und auch keine vor mir so gespielt hat. Das sind Zuschreibungen von außen, weil es eine weibliche Attraktivität gibt, und das soll immer gleich als Objekt beschrieben werden. Es gibt auch die umgekehrte weibliche Attraktivität, die einfach total aktiv ist und das nutzt, um bestimmte Ziele zu erreichen.

SN : Was unterscheidet die Buhlschaft von den anderen Nebenrollen?

Die Buhlschaft ist nicht oberflächlicher als der Tod oder der Glaube, die Werke oder die Mutter. Es wird immer so getan, als sei es nicht so eine "richtige Rolle wie der Jedermann". Ja, gut, weil es halt nur einen Jedermann gibt in "Jedermann". Alle anderen Allegorien sind gleich. Ich hab da nix zu meckern an der Buhlschaft. Es ist keine richtige Rolle, denn es gibt in dem Stück nur eine einzige richtige Rolle, und die ist eben für einen Mann konzipiert.

SN: Und keine Jederfrau.

Das könnte man sicher einmal ändern. Aber so weit sind wir einfach noch nicht. Dass es einmal eine Frau oder einen schwulen oder einen farbigen Jedermann gibt …

SN : Wie bereitet man sich auf den "Jedermann" vor?

Schon anders als sonst: Ich habe mir viel angeguckt, wie andere gespielt und welche Richtungen Inszenierungen eingeschlagen haben. Die Inszenierung für 2020 gibt es ja schon, auch wenn sie für mich neu ist. Man erfindet nicht von Grund auf etwas, sondern findet, was gut reinpasst, aber mit einem selbst noch zu tun hat.

SN : Es ist ja auch Ihre erste Zusammenarbeit mit Tobias Moretti.

Ja, es ist eigentlich erstaunlich, dass wir uns in der Arbeit noch nie begegnet sind, und ich freue mich sehr drauf, dass es jetzt endlich so weit ist. Ich schätze ihn sehr.

SN: Valery Tscheplanowa, Ihre Vorgängerin, hat die Buhlschaft als Amt gesehen. Etwas, das weitergegeben wird wie bei einer Staffel. Mich erinnert das an Winzerköniginnen.

Ja, auf einem gewissen Level erinnert mich das auch daran. Oder Karnevalsprinzessin. Gemeinsam mit Jedermann und Tod ist man Teil des Dreigestirns, wie im Kölner Karneval Prinz, Bauer und Jungfrau. Eine Aufgabe, die jedes Jahr erfüllt werden muss, und es ist eine Ehre, die zu übernehmen.

SN: Wie geht es Ihnen mit der katholischen Botschaft, die Hofmannsthal dem Stück eingeschrieben hat?

Die ist stark da und bewusst so gedacht. Mir ist es ein bisschen fremd, weil ich gar nicht katholisch oder christlich geprägt bin. Das Stück meint, dass man viele Probleme unseres irdischen Lebens lösen kann, wenn man zu einem rechten, echten Glauben findet, und dass man von den hiesigen und weltlichen Freuden absehen und in einem transzendenteren, geistigen und seelischen Raum etwas finden muss.

SN : Sie verkörpern als Buhlschaft ja das Gegenteil.

Ja, sowohl die weltlichen Freuden als auch die völlige Ignoranz des Jenseits. Sie sagt: Das Wort allein macht mir schon bang, Der Tod ist wie die böse Schlang, Die unter Blumen liegt verdeckt, / Darf niemals werden aufgeweckt. Sie meint, den Tod muss man einfach verdrängen und darf sich überhaupt nicht damit beschäftigen, wohingegen die Lehre von Hofmannsthal ist: Beschäftige dich im Diesseits mit dem Jenseits, dann wirst du ein besseres Leben haben.

SN: Die Buhlschaft erinnert daran, dass man nichts vom Leben hat, wenn man sich zu Tode fürchtet. Eigentlich fortschrittlich von Hofmannsthal.

So würde ich das auch sehen. Das Sterben ist nach wie vor ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Vielleicht tut man gut daran, sich mehr damit zu beschäftigen, durch die Coronabedrohung ist der Tod auf einmal wieder viel gegenwärtiger. Mit jedem Mal Maske-Anziehen erinnert man sich daran, dass sie davor bewahren soll, an dem Virus zu sterben.

Schauspiel:"Jedermann" von Hugo von Hofmannsthal, Domplatz, 1. bis 26. August. 
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